„Und, wie hältst du’s mit dem Betrieblichen Gesundheitsmanagement?“
Diese Frage stellen IFBG, Techniker Krankenkasse und das Personalmagazin seit 2017, in der #whatsnext-Studie, Unternehmen in Deutschland.
Und die Antwort im Jahr 2025 ist vielschichtiger denn je. Zwischen steigender Relevanz und strategischem Stillstand pendelt die aktuelle Lage des BGM wie ein Gesundheitsbarometer im Fiebertraum der Transformation.
Die gute Nachricht: Gesundheit ist in der Unternehmenswelt angekommen.
Die schlechte: Sie bleibt oft auf der Ersatzbank sitzen und wird selten als Schlüsselspielerin ins Match für mehr Produktivität, Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit eingewechselt.
Die BGM-Bilanz 2025
Stell dir ein Fußballspiel vor. Die Sonne scheint, das Stadion ist voll, die Strategie steht.
Und auf der Bank? Dein stärkster Spieler, topfit, spielentscheidend, aber nicht eingewechselt.
Genau so geht es 2025 dem Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM):
- Anerkannt, gemocht, da, aber viel zu oft nur Ersatzbank statt Startelf.
Was zunächst sehr gut ist:
- Laut der aktuellen #whatsnext-Studie 2025 engagieren sich fast 90 Prozent der befragten Organisationen aktiv im Bereich Gesundheit.
Doch beim genaueren Hinsehen offenbart sich ein altbekanntes Muster. Es wird gemacht, was gemacht werden muss, Arbeitssicherheit, betriebliches Eingliederungsmanagement, ergonomische Stühle. Alles wichtig, keine Frage. Aber eben auch alles ein Stückweit Pflichtprogramm.
Sport- und Bewegungsangebote, gesunde Snacks und Entspannungsworkshops finden sich in vielen Unternehmen. Besonders mittelständische Organisationen zeigen sich hier als Vorreiter und das ist gut.
Aber: Wer glaubt, dass ein wöchentlicher Rückenkurs das Unternehmen in die Zukunft trägt, irrt.
Einzelaktionen wirken nur kurz
Gesundheit wird vielerorts immer noch als Feel-Good-Initiative verstanden, ein Wellness-Wunschkonzert zur Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, nicht als integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie.
Einzelmaßnahmen mögen kurzfristig Applaus bringen, wenn sie nicht in ein strukturiertes, datenbasiertes und zielorientiertes BGM eingebettet sind, verpuffen sie wie ein Fan-Gesang im leeren Stadion.
Mit Blick auf die #whatsnext-Studie 2025:
- 27 % setzen bereits auf ein ganzheitliches BGM
- 32 % bauen gerade auf und stecken oft im Auf-der-Stelle-Trab
- Ganze 39 % starten gar nicht erst, selbst wenn sie BGM auf dem Papier toll finden
Ohne Zahlen keine Sichtbarkeit und ohne Sichtbarkeit kein Support
Ein professionell aufgesetztes BGM kann nicht nur Fehlzeiten senken, sondern die Arbeitgeberattraktivität steigern, Innovationskraft fördern und Teams resilienter machen.
Aber dafür braucht es etwas, das Unternehmen bekanntlich besonders lieben:
- Kennzahlen,
- ROI und
- Planbarkeit
Ein weiteres Problem ist, dass viele aus der Chef-Etage denken, „Gesundheit ist nett, bringt aber keine Zahlen.“
Viele im BGM-Team oder HR-Team denken: „Doch, wir sparen Fehlzeiten, wir senken Kosten, wir machen gesunde Führung.“
Tendenz: Der ROI von Gesundheitsmaßnahmen liegt laut Experten bei rund 2,70 Euro pro investiertem Euro, beeindruckend. Doch viele Unternehmen schauen trotzdem lieber auf kurzfristige Hebel.
Warum? Weil der Return beim BGM langsamer sichtbar wird und selten klar auf dem Monatsbericht auftaucht.
Kennzahlen, harte & weiche – so wird BGM messbar
Kennzahlen sind der Schlüssel zur strategischen Anerkennung. Dabei geht es nicht nur um klassische KPIs wie Krankentage oder BEM-Fälle.
Vor allem weiche Kennzahlen, etwa aus Mitarbeiterbefragungen zu Motivation, Arbeitsklima oder wahrgenommenem Stress, geben wertvolle Hinweise auf die Gesundheit der Organisation als Ganzes.
Harte KPIs:
- Fehlzeitquote
- BEM-Fälle
- Arbeitsunfälle
Weiche KPIs:
- Mitarbeiterzufriedenheit
- Stresslevel
- Innovationsklima
Kurze und lange Zeiträume, harte und weiche Daten, quantitative und qualitative Erhebungen, BGM muss sich aus der Komfortzone bewegen und in die Controlling-Debatte einsteigen.
👉 Wer nur auf Tore schaut, übersieht die Spielmacher.
👉 Wer nur Fehlzeiten zählt, vergisst das Klima im Team.
👉 Wer nur kurzfristig denkt, verliert auf lange Sicht den Anschluss.
Der Wert liegt nicht im Applaus beim Gesundheitstag, sondern im messbaren Beitrag zum Unternehmenserfolg.
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Budget: Der Nährboden für Wirksamkeit
Ein weiteres Hindernis ist nicht nur der ROI, sondern auch das gut alte Geld.
Die Studie zeigt:
- Fast die Hälfte der Organisationen hat weniger als 10.000 Euro jährlich oder gar kein Budget für BGM.
- Nur 6,6 Prozent investieren sechsstellig. Wer Gesundheit als strategischen Faktor begreift, sollte entsprechend auch die Ressourcen bereitstellen.
Die Unterfinanzierung führt zu einem toxischen Kreislauf:
- Kein Geld, keine Sichtbarkeit, keine Wirkung, also wird wieder kein Geld freigegeben.
So wird Gesundheit zur freiwilligen Kür, nicht zur wirtschaftlichen Notwendigkeit. Besonders kleinere Unternehmen sind hier im Nachteil und brauchen Unterstützung.
Was also tun?
- Fördermittel suchen
- Budget umverteilen
- Externe Berater holen
- Gesundheit als Investition statt Kostenfaktor verkaufen
Zukunft Personal Süd 2025: BGM trifft KI
Wie groß das Interesse am Thema Gesundheit wirklich ist, zeigte sich auf der Zukunft Personal Süd 2025 in Stuttgart.
Dort diskutierte unter anderem das Personalmagazin mit Experten und Expertinnen auf der Keynote-Stage über die brennende Frage:
- Wie lassen sich die explodierenden Fehlzeiten eindämmen?
Deutschland gilt längst als „Fehlzeiten-Weltmeister“. Und während die Debatte um Teilkrankschreibung, Attestpflicht und Sanktionen läuft, stimmten alle auch hier überein:
- Ohne eine strategische Verankerung von Gesundheit im Unternehmen bleibt jede Maßnahme Flickwerk.
Was heißt das konkret?
- Commitment vom Top-Management
- Führungskräfte als Schlüsselrollen
- Budgetzusagen als Commitment-Ziel
Susanne Kölb-Adam, Gesundheitsmanagerin bei AFRY, brachte es auf den Punkt: „Gesundheit muss als strategischer Faktor im Unternehmen verankert werden.“ Und Oliver Walle, Vorsitzender des BBGM, ergänzte: „Top-Management-Commitment sei unverzichtbar. Ohne den Willen der Chefetage bleiben selbst die besten Ideen auf der Strecke.“
Und ein Thema war natürlich auch im Rampenlicht: KI ist überall, auch im HR.
Im Gesundheitsmanagement könnte sie:
- individuelle Gesundheitsförderung noch smarter machen
- mit Daten bei Auswertungen Rückschlüsse ziehen
- präventiv Alarm schlagen (z. B. bei Mehrbelastung)
- Maßnahmen individualisieren
6 Spielzüge für ein BGM, das wirklich mitspielt
Ziele und KPIs definieren
- Gesundheitsziele müssen SMART formuliert und mit klaren Kennzahlen unterlegt werden. Nur so werden Fortschritte sichtbar und Diskussionen versachlicht.
Strategische Integration
- Gesundheit gehört nicht nur ins Intranet oder den Obstkorb, sondern in die Strategie-Workshops der Geschäftsführung.
Pilotprojekte als Hebel nutzen
- Kleine Maßnahmen, groß gedacht. Pilotprojekte bieten die Chance, zu lernen, zu justieren und Wirkung zu zeigen, bevor man skaliert.
Externe Expertise einbinden
- Gesundheitsberater oder Gesundheitsberaterinnen, Coaches oder spezialisierte Dienstleister helfen, Know-how zu stärken und blinde Flecken zu vermeiden.
Budget als Investition verstehen
- Gesundheit kostet, aber sie zahlt sich aus. Wer das erkennt, kann Mittel umverteilen oder gezielt aufstocken.
Führungskräfte als Multiplikatoren gewinnen
- Gesunde Führung ist kein Modewort, sondern ein Machtinstrument. Führungskräfte beeinflussen das Wohlbefinden ihres Teams maßgeblich, im Guten wie im Schlechten.
Fazit: Gesundheit als strategischer Joker
Der Wandel im BGM ist im Gange, aber er braucht Rückenwind und Mut zur Veränderung.
Die #whatsnext-Studie 2025 zeigt, dass das Interesse da ist, das Potenzial riesig, doch ohne strategische Anbindung, solide Budgets und klare Kennzahlen bleibt BGM eine gute Idee ohne Wirkung.
Und ja, die Eingangsfrage wurde 2025 beantwortet:
- Gesundheit ist wichtig, aber nur, wenn sie strategisch gedacht wird.
Allerdings sollte die Frage nicht mehr heißen: „Wie hältst du’s mit dem BGM?“
Sondern: „Wann begreifst du Gesundheit als deinen strategischen Joker?“