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Genderspezifische Ansprache in Stellenanzeigen – Humbug oder wirksam?
Genderspezifische Ansprache in Stellenanzeigen hilft die qualifiziertesten Bewerber jedes Geschlechts zu erreichen.

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Nicht auch noch RZH. Nachdem Talkshows, Zeitungen und der Bundestag das Thema „Gendern“ ausgeschlachtet haben, möchte RZH auch noch schnell einen Teil des Kuchens abbekommen. Keine Sorge. Folgend erwartet Sie kein Plädoyer für oder gegen das Gendersternchen. Wir versuchen lediglich herauszufinden, ob geschlechtersensible Formulierungen und die gezielte Ansprache von Frauen und Männern Auswirkungen auf Bewerbungen haben.

Stereotype

Allgemein wird häufig nach der Sinnhaftigkeit der geschlechterspezifischen Ansprache gefragt, da das generische Maskulinum alle Personen mit einschließt. Hierbei wird jedoch häufig vergessen, dass sich über Jahrzehnte gewisse Stereotype gebildet haben, die quasi automatisch Frauen und Männer charakterisieren.

In der Theorie zu sozialen Rollen hat Alice Eagly herausgestellt, dass Frauen häufig mit der Rolle der Hausfrau, Kindergärtnerin oder Krankenschwester assoziiert werden. Männer hingegen sind die Ernährer und üben Berufe mit hohem Status aus. Zugegebenermaßen wurde diese Theorie bereits 1987 aufgestellt. Zu glauben, dass diese Geschlechterrollen bis heute gänzlich abgebaut sind, ist allerdings mindestens naiv.

Aus den beruflichen Rollen leitet das menschliche Gehirn Eigenschaften ab. So gelten Männer gemeinhin als durchsetzungsfähig und handlungskompetent. Frauen werden als freundlich, empathisch und hilfsbereit eingestuft.

Scheinwiderspruch oder immer noch wahr?

Diese Erfahrungen hatten und haben bis heute direkte Auswirkungen auf Stellenanzeigen. Frauen und Männer reagieren insbesondere auf Stellenanzeigen, die die Eigenschaften des jeweiligen Geschlechts hervorheben.

Diese Erkenntnisse werden aber zuweilen falsch eingesetzt. Schauen Sie sich beispielsweise Stellenanzeigen im Bereich IT an. Sie werden kaum Eigenschaften finden, die eher Frauen zugeteilt sind. Dafür aber zahlreiche Eigenschaften, die Männer stereotypisch charakterisieren. Eine männerdominierte Domäne zielt auf Männer ab. Das ist nicht weiter verwerflich, da Zielgruppen-Targeting aus der modernen Unternehmenslandschaft nicht mehr wegzudenken ist. Es mindert aber die Chancen, die qualifiziertesten Kandidaten anzusprechen, unabhängig vom Geschlecht.

In einer Studie der TU Dresden wurde untersucht, wie genau sich genderspezifische Eigenschaften auf Bewerberinnen und Bewerber auswirken. Hierfür wurden 100 Stellenausschreibungen mit ausschließlich maskulinen, femininen und neutralen Eigenschaften erstellt. Diese Stellenanzeigen wurden daraufhin 282 Probanden gezeigt, die beurteilen sollten, ob sie für den jeweiligen Beruf geeignet sind oder nicht.

Quelle: TU Dresden

Es ist deutlich zu erkennen, dass die Formulierung von stereotypischen Eigenschaften bis heute Einfluss auf das Unterbewusstsein hat – insbesondere bei Frauen. Männer scheinen ein Stück weit immun zu sein. Man könnte auch von Selbstüberschätzung sprechen, da sie sich in geringem Maße noch geeigneter fühlen, wenn sie Anzeigen mit ausschließlich femininen Eigenschaften lesen.

Bei falschem Fokus auf Eigenschaften verlieren Unternehmen also sofort eine Vielzahl an weiblichen Bewerberinnen, obwohl diese qualifizierter sein können als ihre männlichen Kontrahenten.

Da Fachkräfte in Deutschland rar sind und jedes Unternehmen die qualifiziertesten Bewerberinnen und Bewerber anziehen möchte, kann die Formulierung von Eigenschaften also eine kleine Stellschraube sein, um das Recruiting erfolgreicher zu gestalten.

Eigenschaften okay, aber die Ansprache ist doch egal!

Nun sind geforderte Eigenschaften offensichtlich Gründe, weswegen sich Frauen und Männer für diesen oder jenen Job entscheiden. Dass man daher auf eine gute Formulierung dieser Eigenschaften für den jeweiligen Beruf Wert legt, ist ebenso offensichtlich.

Ansprache ist jedoch etwas anderes. Da in Deutschland jahrelang das generische Maskulin genutzt wurde, wird häufig davon ausgegangen, dass diese Ansprache auch in der Wahrnehmung aller alle Geschlechter impliziert. Eine gesonderte Ansprache ist in den Augen vieler Personaler daher unnötig. In diesem Fall meinen wir insbesondere männliche Personaler, da Personalerinnen häufig eine sensiblere Wahrnehmung an den Tag legen, was das Thema Sprache anbelangt.

Bauchgefühl ist jedoch das Eine, Fakten, das Andere – und das Wichtigere.

Eine kanadische Studie beschäftigte sich daher detailliert mit der Ansprache in Stellenanzeigen. 63 Teilnehmerinnen und 33 Teilnehmer erhielten hier 6 fiktive Stellenanzeigen. Jede Stellenanzeige sollte nach der Attraktivität des Jobs bewertet werden. Die Stellenanzeigen wurden so formuliert, dass sie teilweise insbesondere Frauen, teilweise insbesondere Männer ansprechen.

Heraus kam, dass Frauen Stellenanzeigen besonders attraktiv fanden, die ausschließlich oder zusätzlich eine weibliche Ansprache enthielten. Waren Stellenanzeigen nur mit einer männlichen Ansprache versehen, wirkte das eher abschreckend auf Frauen. Männer hingegen zeigten keine besondere Vorliebe für unterschiedlich formulierte Stellenanzeigen. Die Ansprache ist dem Großteil der männlichen Bewerber dementsprechend unwichtig.

Für Stellenanzeigen bedeutet dies, dass Ausschreibungen, die ausschließlich auf Männer ausgerichtet sind, keine besondere Anziehungskraft auf sie ausüben. Gleichzeitig fühlen sich Frauen von solchen Formulierungen allerdings abgeschreckt.

Fazit

Der altbekannte Ausspruch ‚Das haben wir immer schon so gemacht!‘ sollte bei der Erstellung von Stellenausschreibungen der Vergangenheit angehören. Eine gezielte Beschreibung von Qualifikationen und eine genderspezifische Ansprache haben einen signifikanten Einfluss darauf, Frauen für Positionen zu gewinnen. Beide erwähnten Studien zeigen, dass dies unabhängig davon gilt, ob es sich um Berufe handelt, die traditionell von Männern oder Frauen dominiert werden.

Sobald die Formulierung stimmt, steigt die Attraktivität der Stellenanzeige deutlich. Dies führt dazu, dass Unternehmen aus einem breiten Bewerberpool die kompetentesten Bewerberinnen und Bewerber auswählen können – ein Umstand, der den zusätzlichen Arbeitsaufwand für eine gezieltere Ansprache mehr als rechtfertigt.

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