„Wir melden uns bei Ihnen.“ Fünf Worte, die oft das Ende einer Geschichte markieren, obwohl sie eigentlich ein Anfang sein könnten.
In einer Arbeitswelt, in der Fachkräfte Mangelware sind und der Arbeitsmarkt sich längst zugunsten der Talente gedreht hat, ist es paradox, dass noch immer vielversprechende Kontakte ins Leere laufen.
Dabei liegt gerade in der Beziehungsarbeit mit Talenten der Schlüssel für nachhaltiges Personalmarketing.
Was ist Talent Relationship Management?
Talent Relationship Management (TRM) beschreibt den systematischen Aufbau, die Pflege und das Management von Beziehungen zu potenziellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, noch bevor sie zum Unternehmen gehören oder konkret auf eine Stelle passen.
Ziel ist es, den Kontakt zu Talenten aktiv zu pflegen, auch wenn es aktuell keine Vakanz gibt. Talent Relationship Management ist also mehr als Bewerbermanagement, es ist der Weg vom reinen Auswahlprozess hin zu einem kontinuierlichen Dialog mit Menschen, die zum Unternehmen passen könnten.
Kurz gesagt: TRM denkt nicht in Bewerbungsphasen, sondern in Beziehungen.
Warum Beziehungen heute mehr denn je zählen
Wir erleben aktuell eine Arbeitswelt, die sich neu sortiert und wo der demografische Wandel auf einen Wertewandel trifft.
Talente suchen Sinn, Sicherheit und Entwicklung. Währenddessen suchen viele Unternehmen händeringend nach passenden Fachkräften. Und dazwischen? Ein leer gefegter Arbeitsmarkt, immer kürzere Betriebszugehörigkeiten und ein neues Verständnis von Arbeit.
In dieser Zeit reicht es nicht mehr, Stellenanzeigen zu schalten und auf qualifizierte Bewerbungen zu warten. Wer auch morgen noch die richtigen Menschen im Team haben will, muss heute anfangen, Beziehungen aufzubauen.
Talent Relationship Management ist dabei kein neues Tool, sondern eine neue Haltung.
Das Recruiting-Spiel hat sich verändert und die Spielregeln gleich mit
Früher bewarben sich die Bewerberinnen und Bewerber auf eine Stelle und die Unternehmen wählten aus. Heute ist das umgekehrt und die Talente wählen aus.
Der Markt hat sich gedreht und das vor allem in Branchen wie IT, Pflege und Handwerk. Gute Leute sind Mangelware. Nicht nur bei den sogenannten „Top-Talenten“, sondern längst auch bei Fachkräften, die zuverlässig, loyal und lernbereit sind.
Talent Relationship Management ist die Antwort auf diese Veränderung.
Statt nur Kontakte zu knüpfen, wenn man etwas braucht, investiert man in den Beziehungsaufbau. Dauerhaft, ehrlich und auf Augenhöhe.
So wird Talent Relationship Management zur wirksamen Strategie
Damit TRM nicht nur eine nette Idee bleibt, sondern zur wirksamen Strategie wird, braucht es 3 zentrale Ansätze:
- Beziehungsaufbau beginnt bereits vor der Bewerbung
Viele Unternehmen machen den Fehler, erst mit dem Beziehungsaufbau zu beginnen, wenn eine Bewerbung vorliegt. Dabei beginnt gute Beziehungspflege lange davor:
- Mit einem ehrlichen und überzeugenden Auftritt auf Social Media.
- Mit transparenter Kommunikation auf der Karriereseite.
- Mit einem authentischen Employer Branding, das Vertrauen schafft.
Starke Arbeitgebermarken ziehen Menschen an, bevor sie sich aktiv bewerben. Und genau das ist der erste Schritt für Talent Relationship Management: Sichtbarkeit, Sympathie und Substanz.
- Beziehungspflege im Auswahlprozess
Der Umgang mit Bewerberinnen und Bewerbern ist ein Schlüsselmoment im Talent Relationship Management. Hier entscheidet sich, ob aus einem Kontakt eine Beziehung oder eine verpasste Chance wird.
Was TRM hier ausmacht:
- Schnelle und persönliche Rückmeldungen statt automatisierter E-Mails
- Ehrliches Feedback, auch bei Absagen
- Einladung zur Vernetzung, zum Beispiel via Talentpool oder Newsletter
- Wertschätzung für den Menschen und nicht nur für den Lebenslauf
Denn auch eine Absage kann der Beginn einer langfristigen Verbindung sein, wenn sie gut gemacht ist.
- Beziehungspflege nach dem Bewerbungsprozess
Das Herzstück von Talent Relationship Management liegt im Danach. Hier wird sichtbar, wie ernst Unternehmen ihre Talente nehmen:
- Werden Kontakte weiter gepflegt?
- Gibt es regelmäßige Touchpoints?
- Werden ehemalige Bewerberinnen und Bewerber aktiv angesprochen?
- Wird Wissen über Interessen und Potenziale dokumentiert?
All das bedeutet, dass Kandidatinnen und Kandidaten nicht vergessen werden. Auch wenn es aktuell nicht passt.
Zwischenmenschlich, digital, strategisch. Wie TRM heute funktioniert.
Viele Unternehmen glauben, Talent Relationship Management wäre zu aufwendig, kompliziert und zu weit weg vom Tagesgeschäft. Doch die Realität sieht anders aus. Auch TRM lässt sich gut digital unterstützen.
Tools, die helfen:
- Talentpools
- CRM-Tools (Candidate Relationship Management)
- Bewerbermanagementsysteme
- Newsletter-Systeme für Kandidatinnen und Kandidatenkommunikation
- LinkedIn- oder Xing Netzwerke aktiv pflegen
Aber auch in kleinen Unternehmen funktioniert Talent Relationship Management, wenn Menschen bereit sind, Beziehungen bewusst zu pflegen.
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Die neue Art, Menschen zu sehen
Wer Talent Relationship Management nur als Vorstufe zum Recruiting oder als Recruiting 2.0 versteht, verpasst den eigentlichen Kern, nämlich die Veränderung, wie wir über Menschen denken.
Nicht als Ressource oder kurzfristige Lösung, sondern als Entwicklungspotenzial und Teil einer langfristigen Reise.
Gerade in Zeiten, in denen Loyalität selten geworden ist und die Wechselwilligkeit steigt, ist TRM der Schlüssel zu nachhaltigem Erfolg im Personalmanagement.
Was Sie tun können auch ohne riesiges Budget
Viele kleine und mittelständische Unternehmen fragen sich: „Wie sollen wir das leisten?“
Die gute Nachricht: Talent Relationship Management beginnt im Kleinen. Und es wirkt dort besonders stark.
Hier ein paar praxisnahe Ansätze:
- Absagen wertschätzend gestalten mit einem persönlichen Ton und klarer Einladung zur Kontaktpflege
- Erstellung eines simplen Talentpools, eine einfache Excel-Liste oder ein CRM mit Tags reichen zum Start
- LinkedIn-Kontakte strategisch aufbauen durch direkter Vernetzung nach Bewerbungsgesprächen
- Ein kleines Talent-Newsletter-Format pflegen, 3-4 Mal im Jahr reicht vollkommen aus um Einblicke, offene Stellen und Unternehmensnews zu kommunizieren
- Talent-Events organisieren, ein virtueller Infoabend oder ein Tag der offenen Tür können Nähe schaffen
Fazit: Talent Relationship Management ist kein Trend, es ist Zukunftssicherung
In einer Zeit, in der sich der Arbeitsmarkt wandelt, die Wechselbereitschaft steigt und klassische Bewerbungsprozesse an Wirksamkeit verlieren, braucht es mehr als gute Stellenanzeigen.
Es braucht gute Beziehungen.
Talent Management ist dabei kein Zauberwort, sondern eine konsequente Weiterentwicklung von dem, was viele HR-Teams längst im Herzen tragen, das Interesse an Menschen, das Wissen um Potenziale und dem Wunsch nach Verbindung.
Wer heute beginnt, diese Haltung strategisch umzusetzen, wird morgen nicht nur leichter rekrutieren, sondern die Menschen finden, die wirklich passen. Und bleiben.