Low Performance – Was war da los beim Bewerbungsgespräch?
Arbeitgeber wegen Low Performance frustriert, Frau sitzt vor dem Laptop und hält Hände vor den Kopf

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Lange Zeit war die Stelle unbesetzt. Bewerbungsgespräch folgte auf Bewerbungsgespräch und plötzlich war er da – die Traumkandidatin bzw. der Traumkandidat. Charmant, motiviert, kompetent und dazu auch noch gewillt, bei Ihrem Unternehmen anzuheuern.

Der wahrgewordene Traum für jede Recruiterin und jeden Recruiter.

Aber das böse Erwachen lässt nicht lange auf sich warten. Kaum im Unternehmen angekommen, stellt sich heraus, dass die neue Kollegin oder der neue Kollege nicht ganz so motiviert ist, kein Engagement zeigt und eine, nett ausgedrückt, langsame Arbeitsweise an den Tag legt.

Was bedeutet Low Performance?

Low Performer ist für viele ein etwas schwammiger Begriff, weswegen sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Regel davor fürchten, Low Performer zu sein.

Denn Arbeitgeber nutzen diesen Begriff gerne mal, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hinter den Erwartungen zurückbleiben. Diese Herleitung mag der Begrifflichkeit sinnhaft entsprechen, rechtlich ist ein Low Performer jedoch klar definiert.

Arbeitsrechtlich ist eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter ein Low Performer, wenn sie über einen längeren Zeitraum durchschnittlich weniger als 66 % der Leistung vergleichbarer Kolleginnen und Kollegen erbringen.

Qualitative und quantitative Minderleistung

Low Performance gibt es in verschiedenen Facetten. Beispielsweise kann die quantitative Leistung recht einfach gemessen und verglichen werden. Ein Angestellter, der 50 Gehstöcke fertigt, leistet offensichtlich mehr als ein Angestellter, der in der gleichen Zeit nur 40 Gehstöcke fertigt. Fertigt ein Angestellter nur noch 32 Gehstöcke, ist er demnach ein Low Performer.

Auch qualitativ kann Leistung minderwertig oder schlecht sein. Hier ist es allerdings wesentlicher schwieriger, eine abschließende Bewertung oder gar eine Vergleichbarkeit zu schaffen. Insbesondere bei kreativen Berufen liegt es beispielsweise häufig im Auge des Betrachters, ob das Ergebnis gut oder schlecht ist. Qualitative Minderleistungen müssen daher nach dem LAG Schleswig Holstein durch gemachte und nachvollziehbare Fehler und deren Schwere festgestellt werden.

Neben der qualitativen und quantitativen Minderleistung gibt es auch noch die Schlechtleistung bezogen auf den Arbeitsvertrag. Erbringen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer andere Leistungen als im Arbeitsvertrag festgehalten, fallen diese ebenfalls unter den Begriff der „Low Performance“. Das trifft zu, wenn ein Maler eine Wand in der falschen Farbe streicht.

Dieser verdammte Arbeitnehmerschutz 

Man könnte denken, dass eine Leistungsminderung um 33 % offensichtlich zur Kündigung führen müsste. Schließlich ist das ein erheblicher Unterschied im Vergleich zur Arbeitsleistung der Kollegen und Kolleginnen.

Doch wegen des starken Arbeitnehmerschutzes in Deutschland ist dies gar nicht so einfach möglich. Manch einer findet das sicherlich bedauerlich, denn das bedeutet, dass die Hürden für eine Kündigung wegen mangelnder Leistung hoch sind. Arbeitsrechtler empfehlen daher ein dreistufiges Kündigungsverfahren.

Schritt 1: Vergleichbarkeit schaffen

Das BAG urteilte in der Vergangenheit, dass es nicht ausreicht, schlecht arbeitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit nur einem Kollegen oder einer Kollegin zu vergleichen. Stattdessen muss eine Vergleichsgruppe bestimmt werden, in der die Daten aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgewertet werden.

Aus diesen Daten muss ein Durchschnittswert gebildet werden, der als Vergleichsbasis für den Low Performer dient. Gibt es im eigenen Unternehmen nicht ausreichend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die vergleichbare Arbeit verrichten, müssen unternehmensübergreifende Daten aus einer ähnlichen Branche erfasst werden. Schätzungen sind hier nicht ausreichend und zeigen zugleich das Dilemma von kleinen Unternehmen.

Häufig gibt es in solchen Unternehmen nicht genügend Angestellte für einen internen Vergleich, und das Sammeln unternehmensübergreifender Daten ist quasi unmöglich, insbesondere wenn man keine Kontakte zu Geschäftsführerinnen oder Geschäftsführern anderer Unternehmen hat.

Folglich kann schon Schritt 1 des Kündigungsmarathons nicht erfüllt werden.

Schritt 2: Die Feststellung

Die Vergleichsgruppe wurde festgelegt, die Daten ausgewertet und der Durchschnittswert ermittelt. Nun geht es darum, die Minderleistung einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters festzustellen.

Die erste Frage, die sich dabei stellt, ist, wie ein längerer Zeitraum definiert wird, in welchem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterdurchschnittliche Leistungen erbringen müssen. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz entschied am 16. April 2015, dass eine Spanne von 40 Tagen nach Arbeitsbeginn nicht ausreicht, um eine längere unterdurchschnittliche Leistung festzustellen. Wie viele Tage angemessen sind, wurde bisher jedoch noch nicht ausreichend gerichtlich geklärt.

Hinsichtlich der Art von Minderleistungen gibt es hingegen mittlerweile zahlreiche Urteile. So entschied das Arbeitsgericht Bremerhaven, dass die Kündigung zweier Telefonistinnen rechtens sei, da sie an vielen Tagen nur 30-35 % der Telefoniezeiten anderer Telefonistinnen und Telefonisten erreichten. Für das LAG Mecklenburg-Vorpommern war 2015 klar, dass eine um 230 % höhere Anzahl an Minusstunden im Vergleich zu anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ebenfalls eine fristlose Kündigung rechtfertigt.

Sofern die Minderleistung nach Vergleich mit anderen Kolleginnen und Kollegen festgestellt wird, sollte man also bei einer fristlosen Kündigung gute Chancen haben. Doch ganz so weit sind wir noch nicht. Ein Schritt fehlt noch.

Schritt 3: Nicht können oder nicht wollen?

Nachdem die Minderleistung festgestellt wurde, gilt es zu prüfen, ob die betroffene Mitarbeiterin bzw. der betroffene Mitarbeiter nicht fähig ist, die Arbeiten zu verrichten oder schlicht und einfach keine Lust hat, die Arbeit zu verrichten.

Im Falle des Nicht-Wollens muss der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer erst mal abmahnen und ihr bzw. ihm sozusagen die Chance geben, sich zu bessern. Bleibt die Minderleistung bestehen, ist nun endlich der Weg frei, eine fristlose Kündigung auszusprechen.

Fehlen jedoch die Fähigkeiten, hilft auch keine Abmahnung. In diesem Fall muss der Arbeitgeber prüfen, ob es Positionen im Unternehmen gibt, die von der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer ausgeübt werden können. Gibt es diese Positionen nicht und sind Fortbildungen fehlgeschlagen, darf der Arbeitgeber auch hier eine Kündigung aussprechen.

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Im Zweifel für den Arbeitnehmer

Bei allen 3 Schritten spielt die Dokumentation der Minderleistung eine wichtige Rolle. Kommt es zur Gerichtsverhandlung wegen der ausgesprochenen Kündigung, ist der Arbeitgeber in der Beweispflicht. Die Monate, die zur Kündigung geführt haben, einfach nachzuerzählen, wird nicht ausreichen.

Hierfür eignen sich Micromanagement-Methoden, die kurzfristige Zielvorgaben exakt festhalten. Mithilfe dieser Zielvorgaben und der wahrscheinlichen Nichterfüllung durch den Low Performer kann die Untätigkeit häufig nachgewiesen werden.

Darüber hinaus darf der Arbeitgeber nicht den Eindruck erwecken, mit den Leistungen des Angestellten zufrieden zu sein. Gute Zwischenzeugnisse oder eine Gehaltserhöhung, die beispielsweise in manchen Unternehmen nach bestandener Probezeit bei guter Leistung gewährt werden, sind Kontraindikatoren. Diese führen dazu, dass die Kündigung nicht anerkannt wird.

Sollte es in dem Unternehmen solche Kontraindikatoren geben, muss vor der Kündigung genau geprüft werden, ob diese logisch erklärt werden können. Ist das nicht der Fall, wird die Kündigung in den meisten Fällen keinen Bestand haben.

Fazit

Fristlose Kündigungen sind in Deutschland immer schwierig durchzusetzen. Die Low Performance bildet hier keine Ausnahme. Ganz im Gegenteil: Besonders bei qualitativer Minderleistung ist es für Unternehmen mit enormem Aufwand verbunden, diese darzulegen und zu beweisen.

Sollten Sie dennoch in diese Situation geraten, ist es ratsam, die drei beschriebenen Schritte durchzuführen und vor allem sie zu dokumentieren.

Besser ist es jedoch, bereits bei Bewerbungsgesprächen genau aufzupassen und möglichst keine Low Performer einzustellen.

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