Fehltage in Unternehmen sind wie Regen im Sommerurlaub, ein bisschen erwartet man sie, aber wenn es zu viel wird, kann die Stimmung ganz schön kippen. Doch während ein Regentag im Urlaub kaum einen langfristigen Schaden anrichtet, können sich Abwesenheiten im Job – insbesondere häufige kurze – schnell zu einem echten Problem für Teams und Unternehmen entwickeln.
Genau hier kommt der Bradford-Faktor ins Spiel. Er ist ein simples, aber effektives Tool, um die Auswirkungen von Fehlzeiten zu analysieren.
In diesem Beitrag erklären wir, was der Bradford-Faktor ist, warum er nicht nur ein „Kontrollinstrument“ ist und wie er Unternehmen helfen kann, Herausforderungen im Bereich Absentismus frühzeitig zu erkennen und anzugehen.
Die Grundlage des Bradford-Faktors
Ein Beispiel aus dem Alltag: Warum „kurz, aber oft“ kritisch ist
„Krankheit kennt kein Kalenderjahr“ – Aber was sagt der Bradford-Faktor wirklich aus?
Ein bisschen Statistik, ein bisschen Bauchgefühl
Fazit: Der Bradford-Faktor als Türöffner, nicht als Schranke
Die Grundlage des Bradford-Faktors
Der Bradford-Faktor wurde in den 1980er-Jahren von Wissenschaftlern der britischen Bradford University School of Management entwickelt, um die Abwesenheiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu analysieren.
Die Formel für den Bradford-Faktor setzt sich aus der Häufigkeit von Krankmeldungen in Relation zur Gesamtfehlzeit innerhalb der letzten 52 Wochen zusammen:
B = S² x D
Dabei steht:
- B für den Bradford-Faktor
- S für die Anzahl der Fehlzeiten (Sick)
- D für die Gesamtzahl der Fehltage in einem bestimmten Zeitraum, meist ein Jahr (Duration)
Die Auswertung erfolgt auf Basis folgender Ergebnisse:
- Score 1 bis 200: Kein Hinweis auf Absentismus; aktuell ist kein Handlungsbedarf gegeben.
- Score 201 bis 449: Erste Anzeichen für motivationsbedingten Absentismus; eine genauere Beobachtung und ggf. ein Gespräch könnten sinnvoll sein.
- Score ab 450: Deutlicher Handlungsbedarf; dringendes Eingreifen und klärende Maßnahmen erforderlich.
Die Idee dahinter ist denkbar einfach. Häufige kurze Abwesenheiten stören Arbeitsprozesse mehr als wenige längere. Klingt logisch, oder? Wenn ein Kollege plötzlich jeden Montag „krank“ ist, sorgt das auf Dauer nicht nur für Stirnrunzeln, sondern auch für eine zusätzliche Belastung bei den Kolleginnen und Kollegen, die einspringen müssen.
Ein Beispiel aus dem Alltag: Warum „kurz, aber oft“ kritisch ist
Stellen wir uns vor, zwei Mitarbeiter fehlen je 10 Tage im Jahr.
Mitarbeiter A fehlt einmal für 10 Tage am Stück – ein klassischer Fall von Grippe oder einer OP. Klar, das Team merkt seine Abwesenheit, aber man kann sich darauf einstellen und entsprechend umplanen. Mitarbeiter B fehlt dagegen 10-mal für jeweils einen Tag, verteilt über das ganze Jahr. Der eine Tag nach Karneval, der andere nach einem langen Wochenende.
Laut der Bradford-Formel hätte Mitarbeiter A einen Faktor von:
B = 1² x 10 = 10
Mitarbeiter B hingegen kommt auf:
B = 10² x 10 = 1.000
Der Unterschied ist enorm, und genau das macht den Bradford-Faktor so nützlich. Er verdeutlicht, wie sehr häufige Abwesenheiten den Betriebsablauf stören können – weit über die reinen Fehltage hinaus.
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„Krankheit kennt kein Kalenderjahr“ – Aber was sagt der Bradford-Faktor wirklich aus?
Zunächst einmal ist der Bradford-Faktor kein Pranger, an dem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit hohen Werten öffentlich ausgestellt werden. Vielmehr ist er ein Frühwarnsystem. Hohe Werte können auf wiederkehrende Probleme hindeuten – sei es gesundheitlicher, persönlicher oder beruflicher Natur.
Ein Beispiel: Wenn Lisa aus der Buchhaltung plötzlich regelmäßig einen Tag pro Woche fehlt, könnte das auf gesundheitliche Probleme hinweisen. Vielleicht leidet sie unter Migräne oder Rückenschmerzen. Ebenso könnte es aber auch Stress am Arbeitsplatz oder familiäre Herausforderungen geben. Der Bradford-Faktor hilft, solche Muster zu erkennen, bevor sie zu einem ernsten Problem werden – für die betroffene Person und das Team.
Die Gründe für Absentismus können vielfältig sein:
- Überforderung: Eine zu hohe Arbeitsbelastung oder Aufgaben, die den eigenen Fähigkeiten nicht entsprechen, können dazu führen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich zurückziehen.
- Unterforderung: Das Fehlen anspruchsvoller Tätigkeiten oder Herausforderungen, sinkt die Motivation, und die Arbeit wird als belastend empfunden.
- Schlechtes Arbeitsklima: Konflikte, fehlende Anerkennung oder chaotische Strukturen im Unternehmen können die Bindung an den Arbeitsplatz schwächen.
- Private Probleme: Persönliche Herausforderungen wie Beziehungsprobleme, finanzielle Sorgen oder Trauerfälle können ebenfalls die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigen.
Um die Effizienz und Leistungsfähigkeit im Unternehmen zu sichern, ist es daher wichtig, die Abwesenheiten im Blick zu behalten und mögliche Anzeichen für Absentismus frühzeitig zu erkennen. So lassen sich geeignete Maßnahmen entwickeln, um rechtzeitig gegenzusteuern.
Ein bisschen Statistik, ein bisschen Bauchgefühl
Natürlich ist der Bradford-Faktor nur ein Werkzeug im großen Werkzeugkasten der Personalabteilung. Allein auf Zahlen zu vertrauen, wäre an dieser Stelle nicht sinnvoll. Deshalb ist es wichtig, die Ergebnisse des Bradford-Faktors immer im Kontext und stets individuell zu betrachten.
Denn ebenfalls zu beachten ist, dass nicht jeder Tag gleich zählt. Ein Kind, das krank wird, ein geplatzter Reifen auf dem Weg zur Arbeit oder eine spontane Grippe – solche Situationen passieren. Der Bradford-Faktor berücksichtigt nicht die „Qualität“ der Abwesenheiten, sondern nur die Häufigkeit und Dauer. Das sollte man im Hinterkopf behalten.
Eine wichtige Aufgabe ist daher vor allem der Dialog. Hohe Werte sollten Anlass für ein Gespräch sein – keine Abmahnung. Oft gibt es einfache Lösungen, die sowohl dem Unternehmen als auch der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter helfen können. Flexible Arbeitszeiten, Homeoffice oder ergonomische Arbeitsplatzlösungen sind nur einige Möglichkeiten.
Fazit: Der Bradford-Faktor als Türöffner, nicht als Schranke
Der Bradford-Faktor ist ein wertvolles Werkzeug, aber eben nur eines von vielen. Richtig eingesetzt, kann er dazu beitragen, Probleme frühzeitig zu erkennen und anzugehen – sei es durch Gespräche, Anpassungen im Arbeitsalltag oder gezielte Unterstützungsangebote. Dabei sollte er immer als Türöffner für den Dialog gesehen werden und nicht als reines Kontrollinstrument.
Und wer weiß? Vielleicht hilft ein bisschen Bradford-Mathematik ja auch dabei, den berüchtigten Montagsblues zu reduzieren und ein motiviertes, gesundes Team zu fördern.