Haben Sie schon einmal vom “Keeper-Test“ gehört? Im modernen Geschäftsleben ist es von entscheidender Bedeutung, ein leistungsstarkes und motiviertes Team zu haben. Netflix als eines der weltweit führenden Technologie- und Unterhaltungsunternehmen hat einen einzigartigen Ansatz zu einer leistungsstarken Kultur entwickelt, der als „Keeper-Test“ bekannt ist.

Dieser Test hat für viel Aufsehen gesorgt, sowohl positiv als auch negativ. In diesem Artikel beleuchten wir die Vorteile und die Kritik an ihm und geben Führungskräften praktische Tipps, wie sie eine leistungsstarke Unternehmenskultur implementieren können.

Netflix und der Keeper-Test – High Performance und maximale Freiheit

Netflix gilt als Pionier der Streaming-Dienst Branche und der ehemalige Co-Gründer und CEO Reed Hastings als Setzer neuer Maßstäbe in der Management-Kultur. Denn das Unternehmen setzt auf eine ungewöhnliche Art der Mitarbeiterführung mit hoher Transparenz für eine top Performance seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Das Unternehmen sagt selbst, dass sie hart daran arbeiten, Regeln auf das Nötigste zu beschränken. Man könnte fast meinen, bei Netflix gibt es keine Regeln. So dürfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Urlaub nehmen, wann sie möchten, eine Begrenzung der Tage gibt es nicht. Auch bei Spesen müssen sie sich nicht an spezielle Vorgaben halten und in Bezug auf größere Entscheidungen steht es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern frei, diese selbst treffen, um Autonomie, Urteilsvermögen und Verantwortungsbewusstsein zu stärken.

Doch wer maximale Freiheiten hat, muss auch leisten. Jedes Jahr werden bei Netflix etwa 12 Prozent der Belegschaft gekündigt.

Im Prinzip geht es darum, das Unternehmen wie eine Sportmannschaft und nicht wie eine Familie zu führen, in der schwächere Mitglieder immer wieder aufgefangen werden. Wer nicht leistet, wird Ersatzspieler oder muss das Team verlassen. Teil dieser Kultur ist auch der Keeper-Test.

Der Name Keeper-Test hat seinen Ursprung vom Mitbegründer Reed Hastings. Beim Angeln mit seinem Vater fing Reed Hastings einen Fisch, über den sein Vater sagte: „That`s a keeper, Reed!“

Wie funktioniert der Keeper-Test?

Der Keeper-Test legt fest, wer im Unternehmen bleibt und wer gefeuert wird. Er orientiert sich am Führungsstil des bewährten Managers, Jack Welch, der jährlich die schlechtesten 10 Prozent seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kündigte. Mit dem Keeper-Test soll regelmäßig überprüft werden, wer bleiben darf und wer das Unternehmen verlassen muss.

Im kürzlich überarbeiteten Kulturmemo von Netflix besteht der Keeper-Test aus zwei Fragen, die sich Führungskräfte regelmäßig stellen sollen:

„Wenn ein Teammitglied mit dem Gedanken spielen würde, zu einem anderen Unternehmen zu wechseln, würde ich mich bemühen, die Person davon abzuhalten? Und würde ich die Person mit dem Wissen von heute wieder einstellen?“

Wenn die Antwort darauf „Nein“ lautet, gilt der Test als nicht bestanden und die Person wird entlassen. Klingt hart? Mag sein, aber Netflix steht voll und ganz dahinter und argumentiert, dass es für alle fairer sei und so ein Team aus High Performern geschaffen wird. Zudem soll er dazu ermutigen, regelmäßiges Feedback einzuholen sowie Stärken und Schwächen gemeinsam mit dem Vorgesetzten auszuarbeiten.

„Abstrakt betrachtet, kann der Keeper-Test beängstigend klingen. In Wirklichkeit ermutigen wir jeden dazu, regelmäßig mit seinen Vorgesetzten darüber zu sprechen, was gut läuft und was nicht. Das hilft, Überraschungen zu vermeiden. Außerdem bewerten die Manager die Teammitglieder anhand ihrer gesamten Leistung, anstatt sich auf die Fehler oder Einsätze zu konzentrieren, die sich nicht ausgezahlt haben. Im Dream Team braucht man Leute, die den Status quo infrage stellen und neue Dinge ausprobieren. Deshalb bleiben wir auch bei kurzfristigen Rückschlägen bei unseren Mitarbeitenden.“

-Ausschnitt aus Netflix Culture Memo

Nutzen des Keeper-Tests

Der Keeper-Test punktet mit seiner Einfachheit und Direktheit.

Er motiviert Führungskräfte, regelmäßig die Leistungen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu bewerten und Entscheidungen im langfristigen Interesse des Teams und Unternehmens zu treffen. So fördert der Keeper-Test eine Kultur, die auf Vertrauen, Engagement und Spitzenleistung basiert.

Im Prinzip hat der Keeper-Test folgende Vorteile für Unternehmen:

Klarheit und Fokussierung: Der Keeper-Test hilft Führungskräften, sich auf die Stärken und Schwächen ihrer Teammitglieder zu konzentrieren. Er fordert sie auf, regelmäßig darüber nachzudenken, ob jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter einen positiven Beitrag leistet.

Förderung einer leistungsorientierten Kultur: Der Keeper-Test setzt hohe Leistungsstandards und macht deutlich, dass nur die besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bleiben. Dies kann zu einer Kultur führen, in der Spitzenleistung gefördert und erwartet wird. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden motiviert, kontinuierlich ihr Bestes zu geben, um ihren Platz im Unternehmen zu sichern.

Stärkung von Transparenz und Ehrlichkeit: Wenn der Keeper-Test richtig umgesetzt wird, fördert er eine Kultur der Offenheit und Transparenz. Regelmäßiges Feedback und klare Erwartungen schaffen ein Umfeld, in dem jeder genau weiß, wo man steht und was von einem erwartet wird. Dies kann das Vertrauen stärken.

Agilität und Anpassungsfähigkeit: Unternehmen, die den Keeper-Test anwenden, können schneller auf Veränderungen reagieren und ihr Team entsprechend anpassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Erhöhung der Verantwortung und Eigenverantwortung: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden dazu ermutigt, mehr Verantwortung für ihre eigene Leistung und Entwicklung zu übernehmen. Der Keeper-Test macht deutlich, dass jeder für seinen Beitrag zum Unternehmenserfolg verantwortlich ist, was zu einer stärkeren Eigenverantwortung führen kann.

Verbesserung der Teamdynamik: Indem der Keeper-Test sicherstellt, dass nur die besten und engagiertesten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Team bleiben, kann er die Teamdynamik verbessern. Hochmotivierte und leistungsstarke Teams können effektiver zusammenarbeiten und höhere Ziele erreichen.

Erhaltung der Unternehmenswerte: Wenn der Keeper-Test im Einklang mit den Werten und der Mission des Unternehmens angewendet wird, kann er dazu beitragen, diese Werte zu erhalten und zu stärken. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich mit den Unternehmenswerten identifizieren und diese aktiv leben, bleiben eher im Unternehmen und tragen zu einer konsistenten Unternehmenskultur bei.

Klima der Angst: Kritik oder Missverständnisse?

Obwohl der Keeper-Test in bestimmten Unternehmenskulturen effektiv sein kann, gibt es jede Menge Kritik.

Vor allem seitens der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird berichtet, dass ein Klima der Angst herrsche, es für gefeuerte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zwar eine großzügige Abfindung gibt, weinende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter allerdings normal seien. Auch Führungskräfte äußerten, dass sie sich schon fast dazu gezwungen fühlten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu entlassen – aus Angst, sie könnten als zu weich dastehen und selbst entlassen werden.

Doch auch außenstehende Personen bewerten die, wie sie von Netflix genannt wird „Kultur der Höchstleistungen“ durchaus kritisch.

Zu den wohl häufigsten Kritikpunkten gehören folgende Aspekte:

Subjektivität und Voreingenommenheit: Einer der Hauptkritikpunkte am Keeper-Test ist, dass er stark von der subjektiven Einschätzung der Führungskraft abhängt. Dies kann zu Voreingenommenheit und unfairen Entscheidungen führen.

Fokus auf kurzfristige statt langfristige Ziele: Der Keeper-Test kann dazu führen, dass Führungskräfte und Mitarbeiterinnen sowie Mitarbeiter sich mehr auf kurzfristige Ergebnisse konzentrieren, um ihre Position zu sichern. Dies kann langfristige strategische Ziele und die Entwicklung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vernachlässigen, die noch in der Wachstumsphase sind.

Druck und Unsicherheit: Ein ständiger Druck, die Erwartungen zu erfüllen, kann bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu Stress und Unsicherheit führen. Dies kann das Arbeitsklima negativ beeinflussen und die Mitarbeiterbindung beeinträchtigen.

Kultur der Angst: In extremen Fällen kann der Keeper-Test eine Kultur der Angst und des Misstrauens schaffen, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ständig befürchten, ihren Arbeitsplatz zu verlieren.

Doch handelt es sich hierbei nur um Missverständnisse? Netflix selbst sagt, dass durch diese Unternehmenskultur ein individuelles Arbeitsumfeld für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschaffen wird, in dem jeder die perfekte Grundlage hat, um Höchstleistungen erbringen zu können.

Durch die vielen Freiheiten stärkt Netflix das Verantwortungsbewusstsein und zeigt großes Vertrauen gegenüber der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

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Anwendung des Keeper-Tests in der Praxis

Eine offene und ehrliche Kommunikation gegenüber aller Teammitglieder ist maßgeblich, um eine Kultur der Höchstleistungen zu integrieren sowie unterdurchschnittliche und überdurchschnittliche Leistungen frühzeitig zu erkennen und angemessen zu reagieren. Die Leistungsbewertungen sollten daher strategisch ins Personalmanagement integriert werden.

Hier sind einige Schritte für Führungskräfte, die dabei helfen können, eine Kultur der Leistungsbereitschaft zu integrieren:

Regelmäßige Leistungsbewertungen: Führen Sie regelmäßige und strukturierte Leistungsbewertungen durch, um die Stärken und Schwächen jeder Mitarbeiterin und jedes Mitarbeiters zu identifizieren. Nutzen Sie klare und objektive Kriterien, um die Leistung zu messen.

Offene Kommunikation: Fördern Sie eine Kultur der offenen Kommunikation, in der Feedback konstruktiv und regelmäßig gegeben wird. Stellen Sie sicher, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wissen, wie sie sich verbessern können und welche Erwartungen an sie gestellt werden.

Entwicklungschancen schaffen: Arbeiten Sie mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammen, um realistische Ziele zu setzen und individuelle Entwicklungspläne zu erstellen. Unterstützen Sie sie bei der Erreichung ihrer Ziele durch Schulungen, Weiterbildungen und Mentoring.

Frühzeitige Intervention: Bei Leistungsproblemen müssen Sie frühzeitig handeln. Besprechen Sie die Probleme direkt mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und bieten Sie Unterstützung an, um die Leistung zu verbessern.

Förderung der Teamarbeit: Fördern Sie eine Arbeitsumgebung, in der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter voneinander lernen und sich gegenseitig unterstützen können. Teamarbeit kann dazu beitragen, die individuellen Stärken zu maximieren und Schwächen auszugleichen.

Leistungsorientierte Ansätze setzen: Etablieren Sie ein System von Anreizen, welches außergewöhnliche Leistungen belohnt. Dazu gehören Boni, Gehaltserhöhungen, Beförderungen oder weitere Formen der Anerkennung.

Ethik und Fairness: Der Keeper-Test sowie alle anderen Bewertungsprozesse sollen fair, ethisch korrekt und ohne Vorurteile durchgeführt werden. Dazu ist es wichtig, Führungskräfte regelmäßig zu schulen und sicherzustellen, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleich behandelt werden.

Trennungsprozess human gestalten: Wenn alle Bemühungen zur Leistungsverbesserung scheitern, gestalten Sie den Trennungsprozess so human wie möglich. Bieten Sie Unterstützung bei der beruflichen Neuorientierung an und behandeln Sie die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter mit Respekt.

Fazit

Netflix geht einen mutigen Schritt in Richtung leistungsstarker Zukunft.

Führungskräfte müssen einen ausgewogenen Ansatz finden, der sowohl hohe Leistungsstandards fördert als auch die langfristige Entwicklung und das Wohlbefinden der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Blick behält. Durch regelmäßige Leistungsbewertungen, offene Kommunikation und gezielte Entwicklungsmaßnahmen können Führungskräfte unterdurchschnittliche Leistungen frühzeitig erkennen und angemessen handeln, um ein leistungsstarkes und motiviertes Team aufzubauen.

Der Keeper-Test von Netflix ist ein mächtiges Werkzeug, um die Leistung und Motivation eines Teams zu maximieren. Er mag nicht für jedes Unternehmen geeignet sein, aber macht die Wichtigkeit klarer Werte und Prinzipien deutlich.