Konfliktmanagement also – was ein biederes Thema. Sie können ruhig ehrlich sein: Haben Sie beim Lesen des Titels mit den Augen gerollt oder waren schon kurz davor diesen Tab in Ihrem Browser zu schließen?
Keine Sorge, ich kann das verstehen. Womöglich projiziere ich auch einfach nur meine eigene Einstellung auf Sie, denn bis vor wenigen Monaten oder maximal Jahren hätte ich bei diesem Thema genau so reagiert. Doch dann hatte mich die Arbeitswelt und meine Einstellung änderte sich – gezwungenermaßen.
Was ist Konfliktmanagement?
Um das Konfliktmanagement zu verstehen, ist wichtig zu wissen, was ein Konflikt ist. Wissen wir zwar alle, denken wir, aber der Vollständigkeit halber möchte ich es dennoch kurz definieren.
Ein Konflikt beschreibt das Aufeinandertreffen zweier oder mehrerer Parteien. Im Fokus steht dabei häufig die Sache. Lassen Sie uns diesen Satz anders ausdrücken. Im Fokus hierbei sollte eigentlich die Sache stehen.
Wesentlich häufiger stehen im Zentrum allerdings Dinge wie die Erwartungshaltung, Wertvorstellungen, Stress und – nennen wir das Kind beim Namen – Egos.
Das Konfliktmanagement beschreibt daher die Kompetenz, Konfliktsituationen zwischen verschiedenen Menschen positiv, produktiv und fair zu lösen. Dabei müssen selbstverständlich alle eben genannten Punkte eines Konflikts berücksichtigt werden.
Zum Konfliktmanagement gehört auch ein lösungsorientierter Ansatz, der sich Techniken und Strategien der Kommunikation und des Coachings bedient. Schließlich sollten Konflikte, an denen Vorstandsmitglieder beteiligt sind, anders gelöst werden als Konflikte, die auf Teamebene entstehen.
Um Konflikte bestmöglich von Beginn an moderieren und später lösen zu können, ist es wichtig, sich über die Art des Konflikts im Klaren zu sein. Es gibt 6 Arten von Konflikten, die ich in Kürze beleuchten will. Je nach genutzter Literatur finden Sie auch mal 5 oder 9 verschiedene Arten. Wir bleiben in diesem Beitrag jedoch bei 6 Konfliktarten.
Konfliktarten und Beispiele
Sachkonflikt: Bei dem Sachkonflikt steht der Weg zum Ziel im Fokus. Unterschiedliche Gruppen haben unterschiedliche Ansätze zur Bewältigung einer Aufgabe, woraus ein Konflikt entsteht.
Beziehungskonflikt: Man mag sich einfach nicht und schafft es nicht, diese Antipathie zu unterdrücken, um Kompetenzen des anderen anzuerkennen.
Zielkonflikte: Führungskräfte haben unterschiedliche Meinungen zu dem Einsatz von Budget oder bezüglich der Zielsetzung für ein Jahr oder ein Quartal.
Verständniskonflikt: In Zeiten des digitalen Zeitalters findet ein Großteil der Kommunikation über einen Chat oder via Mail statt. Bei dem geschriebenen Wort kann allerdings schnell etwas falsch verstanden werden, da Mimik und Gestik nicht zur Verfügung stehen. Werden solche Missverständnisse nicht schnell beseitigt, entstehen Verständniskonflikte.
Rollenkonflikt: Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter, die befördert werden, begehen häufig den Fehler, sich vor ehemaligen Teammitgliedern anders zu verhalten und aufzuspielen, um Autorität zu gewinnen.
Beurteilungs- oder Wahrnehmungskonflikt: Ein Wahrnehmungskonflikt kann entstehen, wenn verschiedene Kulturen aufeinandertreffen. Er kann aber auch entstehen, wenn Personen aus verschiedenen Abteilungen, Projekte völlig anders bewerten.
Macht- und Verteilungskonflikt: Stichwort: Gehaltserhöhung. Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter reagieren verärgert, weil Kolleginnen oder Kollegen eine Gehaltserhöhung bekommen, die man bei sich selbst eher sähe.
Methoden des Konfliktmanagements
Das Eisberg-Modell
Die bekannteste Methode des Konfliktmanagements ist wohl das Eisberg-Modell.
Das Modell stammt aus der Kommunikation und besagt, dass es zwei Ebenen gibt: die Sach- und die Gefühlsebene.
Die Sachebene beschreibt das sichtbare Verhalten und macht nur 1/7 einer Kommunikation bzw. eines Konflikts aus. Die Gefühlsebene nimmt folglich die restlichen 6/7 ein. Sie beinhalten Punkte wie Gefühle, Gedanken, Einstellungen oder Meinungen.
Damit Sie einen Konflikt erfolgreich lösen können, müssen Sie demnach wesentlich mehr Wert auf die Gefühlsebene legen als auf die Sachebene.
Vergessen Sie also alles, was Sie zuvor über Konfliktarten gelesen haben. Am Ende ist alles ein Beziehungskonflikt.
Die Transaktionsanalyse
Ein weiteres Modell zur Bewältigung von Konflikten ist die Transaktionsanalyse nach Berne. Berne geht in diesem Modell davon aus, dass jeder Mensch drei „Ichs“ in sich hat: das Erwachsene-Ich, das Eltern-Ich und das Kind-Ich.
Bestenfalls sollten Gespräche und Konflikte aller Parteien innerhalb des Erwachsenen-Ichs stattfinden. Hier wird davon ausgegangen, dass man sich auf einer sachlichen und produktiven Ebene austauscht. Berne sagt jedoch, dass Menschen während Konflikten dazu neigen, das Erwachsene-Ich zu verlassen und in das Eltern- oder Kind-Ich zu wechseln, wodurch eine Kommunikation auf Augenhöhe nicht mehr möglich ist.
Das Eltern-Ich zeichnet sich durch ein autoritäres, überdrüssiges Verhalten aus, das Eltern gerne an den Tag legen, wenn ein Kind etwas will und es nicht genügend sachliche Argumente gibt, um eine Diskussion zu beenden.
Das Kind-Ich ist im Endeffekt das Ich, das in Tränen ausbricht, wenn man ihm das Spielzeug wegnimmt.
Richtig spannend wird es also, wenn alle Parteien in das Kind-Ich switchen. Dann bleibt quasi nur noch zu sagen: Viel Glück bei der Bewältigung solch eines Konflikts.
Sollten Sie sich zu häufig als einzige Erwachsene der einziger Erwachsener in einem Meeting fühlen, ist das Buch „Ich bin o.k. Du bist o.k.“ von Thomas A. Harris empfehlenswert. Hier lernen sie verschiedene Techniken, um die Kolleginnen und Kollegen immer wieder in das Erwachsene-Ich zurückzuholen.
Ein Fall aus der Praxis
Was bedeutet das in der Praxis? Ein Beispiel:
Fünf Personen treffen sich zu einem Meeting, um ein neues Projekt zu besprechen. Das Projekt ist jedoch nur schwammig definiert, wodurch die Ausgangssituation alles andere als optimal ist.
Trotzdem konnten zwei der Teilnehmenden nicht abwarten und haben voller Enthusiasmus direkt mit der Arbeit begonnen, sodass sie bereits erste Ergebnisse in dem Meeting präsentieren können.
In der Feedbackrunde äußern zwei andere Personen aus der Gruppe, dass sie keinen Mehrwert in dem Geleisteten sehen. Sie sind der Meinung, dass das Projekt direkt eingestellt werden könnte, wenn es in diese Richtung weitergeht.
Die fünfte Person in der Runde bleibt neutral.
Dass zwei Personen mit den präsentierten Ergebnissen unzufrieden sind, ist an sich nicht problematisch. Im Gegenteil: Kritik könnte eine fantastische Grundlage für die Weiterentwicklung des Projekts sein.
Sobald jedoch die kritischen Personen ihren Ton oder ihre Wortwahl auch nur etwas unpassend wählen, fühlen sich die Enthusiasten sofort angegriffen. Sie werden emotional reagieren und in das Kind-Ich verfallen.
Ab diesem Punkt ist eine sachliche Diskussion nicht mehr möglich – es sei denn, die neutrale Person greift ein, moderiert das Gespräch und bringt es wieder auf eine konstruktive Ebene.
Gelingt das nicht, wird das Projekt mit diesem Meeting beerdigt – unabhängig davon, wie wichtig es für das Unternehmen ist.
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Fazit
Vermeiden Sie Konflikte. Punkt.
Natürlich ist das nicht das endgültige Fazit.
Konflikte sind nichts Schlechtes – ganz im Gegenteil: Sie sind oft die Grundlage für fantastische Ergebnisse. Durch Konflikte kommen unterschiedliche Sichtweisen und Ideen zusammen, die eine Lösung häufig auf ein neues Niveau heben.
Damit das gelingt, darf aus einem Konflikt jedoch kein Streit werden. Stattdessen sollte es zu einer konstruktiven und gerne auch kontroversen Diskussion kommen, die allerdings auf Augenhöhe geführt werden muss.
Deshalb sollten Unternehmen unbedingt in Schulungen zum Konfliktmanagement investieren – und das möglichst großflächig. Denn niemand kann vorhersagen, wer in einem Meeting die neutrale Person sein wird und sich so plötzlich in der Rolle eines Moderators wiederfindet.
Hinweis:
Alle Bilder, die in diesem Beitrag genutzt werden, sind KI-generiert.