Die Frage mag Sie belustigen. Schließlich wirkt sie auf den ersten Blick geradezu überraschend banal.
Tatsächlich spielt sie jedoch in der Wirtschaft eine immer größere Rolle, denn immer mehr Menschen fühlen sich an ihrem Arbeitsplatz einsam – eine Entwicklung, die alarmierende Ausmaße annimmt.
Einsamkeit am Arbeitsplatz
Ein kürzlich erschienener Artikel in der Harvard Business Review schlägt ebenfalls Alarm. Mehr als jede fünfte Arbeitnehmerin bzw. jeder fünfte Arbeitnehmer fühlt sich isoliert – und damit einsam.
Dieses Gefühl hat weitreichende Auswirkungen auf Fehlzeiten, Engagement und Fluktuation. Angesichts der aktuellen Debatte über Fehlzeiten in Deutschland, die sich viel mit Maßnahmen beschäftigt, sollten auch die Ursachen eine Rolle spielen. Und zumindest die Einsamkeit bleibt in der öffentlichen Diskussion bislang ein weitgehend unbeachteter Faktor.
EIN bester Freund verändert alles
Nun ist Einsamkeit ein großes Wort und ein ernst zu nehmendes Problem. Vor diesem Hintergrund mag die Frage: „Haben Sie einen besten Freund auf der Arbeit?“ trivial erscheinen. Denn kann eine einzige Person wirklich an einem so großen Problem wie der Einsamkeit etwas ändern?
Gallup hat sich genau mit dieser Frage in den vergangenen Jahren beschäftigt und kam zu spannenden Ergebnissen.
Beschäftigte, die einen besten Freund am Arbeitsplatz haben, zeigen doppelt so viel Engagement wie jene, die keine enge Freundschaft pflegen. Sie gehen besser mit Kunden um, liefern qualitativ hochwertigere Arbeit und bleiben ihrem Unternehmen länger treu.
Forbes ergänzt, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit starken Beziehungen bis zu 94 % produktiver sind. Sie empfehlen ihren Arbeitsplatz häufiger weiter, sind bereit, die berühmte Extra-Meile zu gehen, überschreiten Grenzen und entwickeln kreativere Lösungen.
Gute Beziehungen am Arbeitsplatz sind also weitaus mehr als nur eine nette Nebensache.
Wieso scheint das jedoch niemanden zu interessieren?
Offensichtlich korrelieren gute Arbeitsbeziehungen und erfolgreiche Geschäftsergebnisse. Angesichts dieser Offensichtlichkeit sollten Unternehmen darauf achten, dass zumindest teamintern ein guter Teamspirit gefördert wird.
Was also tun?
Das einfachste zu Beginn
Es wirkt langweilig, es wiederholt sich, aber das macht es nicht weniger wahr. Führungskräfte bilden den wichtigsten Faktor – auch wenn es um ein gutes Arbeitsumfeld und starke Arbeitsbeziehungen geht. Dabei müssen sie nicht die besten Freunde ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden. Vermutlich wäre das sogar kontraproduktiv.
Nichtsdestotrotz geben sie den Ton an.
Wenn Führungskräfte möchten, dass sich ein Team zugehörig zueinander fühlt, gibt es hier einige kleine Stellschrauben. Eine gemeinsame Mittagspause ein- bis zweimal im Monat wird wohl kaum jemanden überfordern.
Ebenso selbstverständlich sollten Glückwünsche zum Geburtstag oder Arbeitsjubiläum sein – das ist letztendlich auch eine einfache Frage des Anstands.
Kaffeepausen sind Pflicht – analog und digital
Vielleicht haben Sie schon einmal Führungskräfte sagen hören: „Ich habe sowieso schon zu viel zu tun. Wie soll ich mich auch noch um Kollegin A oder Kollegen B kümmern?“
In solchen Momenten könnte man diese Führungskraft fragen, wie viel Zeit wohl bleibt, wenn das Team irgendwann nicht mehr existiert. Natürlich ist es unwahrscheinlich, dass ein ganzes Team gleichzeitig das Unternehmen verlässt – dafür müsste eine Führungskraft schon außergewöhnlich schlecht sein.
Doch auch der Verlust einzelner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder ein Team, das nicht dysfunktional zusammenarbeitet, kostet Unternehmen und Führungskräfte viel Zeit, Energie und schlussendlich Geld.
Deshalb gilt: Kaffeepausen oder andere informelle Gespräche sind keine Kür, sondern Pflicht. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Team vor Ort im Büro ist oder von zu Hause aus arbeitet. Die Verantwortung für Teambuilding endet nicht am Eingang oder Ausgang des Büros.
In der heutigen Zeit gibt es zahlreiche Tools, die auch virtuell ein nettes Miteinander ermöglichen. Und wenn es kein Kaffee ist, dann eben ein Glas Wasser oder ein anderes Getränk – Hauptsache, es gibt Raum für Austausch.
Wichtig ist: Solche Treffen sind kein Ersatz für Teamevents. Sie sind, wie gesagt, ein Muss. Teamevents sollten zusätzlich stattfinden, um das Gemeinschaftsgefühl weiter zu stärken.
Lob? Kann man demokratisieren
Führungskräfte tragen zwar eine große Verantwortung, doch sie sind nicht allein dafür zuständig, ein gutes Gemeinschaftsgefühl im Team zu schaffen. Auch die Teams selbst spielen eine wichtige Rolle dabei.
In einem früheren Beitrag haben wir bereits darüber gesprochen: Loneliness Awareness Week – Mehr Bewusstsein für Einsamkeit schaffen
Was allerdings noch in vielen Unternehmen fehlt, ist die Demokratisierung von Lob und Anerkennung. Plattformen wie Bonusly ermöglichen beispielsweise, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Kolleginnen und Kollegen für die Leistungen würdigen oder gar einen „Angestellten des Monats“ wählen – sichtbar für das gesamte Team.
Die Idee hinter Bonusly lässt sich auch ganz einfach in den bestehenden Teamchat integrieren, sei es Microsoft Teams, Slack oder Ähnliches. Zum Beispiel können Teammitglieder dort kurze Nachrichten verfassen, um ein Projekt oder eine Leistung zu würdigen, die sie beeindruckt hat. Alternativ kann die Führungskraft am Monatsende verschiedene Projekte zur Auswahl stellen.
Dieser Ansatz bietet gleich mehrere Vorteile: Die Führungskraft lobt allein durch die Auswahl der Projekte, und das Team verstärkt dieses Lob durch Upvotes oder andere positive Reaktionen.
Als Ergebnis wird die Motivation des gesamten Teams steigen und die Produktivität des Einzelnen nimmt ebenfalls zu.
Fazit
Eine „beste“ Freundin oder einen „besten“ Freund am Arbeitsplatz zu finden, ist natürlich etwas Besonderes, da viele Faktoren zusammenpassen müssen. Vermutlich bleibt solch eine Beziehung nur wenigen Menschen vorbehalten und ist auch nicht durch den Arbeitgeber oder Führungskräfte zu fördern.
Eine positive Arbeitsatmosphäre und Gruppendynamik lassen sich jedoch sehr wohl von Führungskräften fördern.
Die Optionen hierfür sind vielfältig und reichen von regelmäßigen persönlichen Gesprächen bis hin zu kreativen digitalen Ansätzen.
Eines sollte allerdings jedem klar sein. Keine Zeit für das Team zu haben, zählt nicht. Denn das Ignorieren einer negativen Teamdynamik wird früher oder später zu deutlich größeren Zeitproblemen führen.
Hinweis:
Alle Bilder, die in diesem Beitrag genutzt werden, sind KI-generiert.