Das Wichtigste in Kürze:
- Unerledigtes bleibt im Kopf. Daher erinnern sich Menschen besser an unvollendete Aufgaben als an abgeschlossene.
- Unerledigte Aufgaben erzeugen eine Spannung im Gedächtnis, die Informationen leichter zugänglich macht.
- Der Zeigarnik-Effekt kann bewusst genutzt werden, um Aufgaben effizienter zu erledigen und Stress zu reduzieren.
- Der Zeigarnik-Effekt wird bewusst in Medien wie Serien genutzt, um Zuschauer an den Bildschirm zu binden.
Inhalt
Was ist der Zeigarnik-Effekt?
Laut des Zeigarnik-Effekts erinnern sich Menschen an nicht beendete Aufgaben eher als an abgeschlossene Aufgaben. Benannt ist der Effekt nach der russischen Psychologin Bljuma Wulfowna Zeigarnik, die dieses Verhalten in den 1920er-Jahren erforschte.
Erste Beobachtungen hierzu machte Zeigarnik in einem Restaurant. Sie beobachtete, dass Kellner sich die Bestellungen der Gäste problemlos merken konnten, ohne sie zu notieren, und diese korrekt servierten. Doch sobald eine Bestellung abgeschlossen war, vergaßen die Kellner schon nach wenigen Minuten, was bestellt worden war.
Vertiefen konnte Zeigarnik die ersten Beobachtungen 1927 an der Berliner Humboldt-Universität. Sie stellte 164 Probanden unterschiedliche Aufgaben. Manche durften die Probanden beenden, andere mussten sie aufgrund äußerer Umstände unterbrechen.
Im Anschluss wurden die Probanden über alle Aufgaben befragt und tatsächlich stellte sich heraus, dass die Befragten sich an die unerledigten Aufgaben deutlich besser erinnern konnten als an die erledigten.
Wie funktioniert der Zeigarnik-Effekt?
Der Zeigarnik-Effekt ist umstritten, da der Effekt nicht überall gleichermaßen wiederholt werden konnte. Tatsächlich gab es teils erhebliche Unterschiede je nach Kontext oder Kultur.
Die Funktionsweise des Effekts wird durch eine Art Spannung im Gedächtnis erklärt. Unerledigte Aufgaben erzeugen diese Spannung demnach extremer als erledigte Aufgaben. Dadurch werden Informationen leichter zugänglich abgespeichert, wodurch man sich schneller daran erinnern kann.
Kurzum: Unerledigte Aufgaben erzeugen ein Handlungsbedürfnis, das befriedigt werden möchte.
Zeigarnik-Effekt im Alltag nutzen
Sofern man zu den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern hält, die den Zeigarnik-Effekt als erwiesen betrachten, lassen sich daraus einige wichtige Herangehensweisen ableiten:
- Complicated first: Meist sind die wichtigsten Aufgaben auch die mühsamsten. Solange sie unerledigt bleiben, fällt es schwer, gedanklich abzuschalten. Daher sollten diese Aufgaben immer als Erstes erledigt werden.
- Aufgaben abschließen: Viele springen von Aufgabe zu Aufgabe, was dazu führt, dass jede einzelne im Kopf hängen bleibt. Schrittweises Arbeiten ist hier besser als Multitasking.
- Grenzen kennen: Aufgaben sollten realistisch geplant werden. Falls Sie dann am Ende des Tages noch Zeit haben, können Sie sich immer noch eine neue Aufgabe suchen. Planen Sie aber von vornherein zu viele Aufgaben für den Tag ein, werden Sie vermutlich einige davon mit in den Feierabend nehmen – zumindest gedanklich.
- To-do-Listen: Die klassische To-do-Liste hat trotz aller digitalen Alternativen nicht ausgedient. Für eine gute Strukturierung des Tages ist sie sogar nach wie vor wichtig.
- Pausen: Trotz aller Aufgaben sind Pausen wichtig. Das sollten Sie selbstverständlich beherzigen. Es ist jedoch hilfreich, Pausen so zu planen, dass Sie danach genau wissen, wie Sie weiterarbeiten werden.
Der Cliffhanger als Beweis
Wenn Sie zu denjenigen gehören, die den Zeigarnik-Effekt aufgrund der Kritik als falsch ansehen, denken Sie doch einmal an Ihre letzte Lieblingsserie.
Häufig endet das große Staffelfinale mit einem Cliffhanger – kein Zufall. Produzenten setzen bewusst auf dieses Spannungselement, um ein inneres Bedürfnis beim Zuschauer zu erzeugen, ein Handlungsbedürfnis, das eben befriedigt werden möchte.