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E-Mails in der Nacht – Unkollegial und unprofessionell?
E-Mails in der Nacht oder am späten Abend stellen bei vielen Unternehmen ein Problem dar.

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Über Benachrichtigungen nach Feierabend wird seit Längerem eine hitzige Debatte geführt. Studien sprechen darüber, dass solche Benachrichtigungen den digitalen Stress erhöhen. Kolleginnen und Kollegen, die nach Feierabend abschalten wollen, empfinden es als unkollegial. Und manch ein Vorgesetzter betrachtet es als unprofessionell, wenn seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am späten Abend oder sogar nachts noch E-Mails verschicken.

Das Problem mit dem Sender und Empfänger

Bereits Weaver und Shannon haben in ihrem Sender-Empfänger-Modell von 1949 festgestellt, dass es einen großen Unterschied zwischen der ausgesandten Botschaft und der empfangenen Botschaft geben kann.

In diesem Modell konnten Botschaften sogar noch durch Mimik, Gestik und Sprache klarer vermittelt werden. Bei der digitalen Kommunikation ist das jedoch nicht möglich, was dazu führt, dass Missverständnisse fast unvermeidlich sind.

Eine Studie der Organisationswissenschaftlerin Laura Giurge von der London Business School bestätigt diesen Punkt. In dieser Studie wurden 4.000 Erwerbstätigen nicht dringende Arbeitsmails gezeigt, die nach Feierabend versendet wurden. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden gebeten, die Perspektive des Senders und Empfängers einzunehmen, um die Frage zu beantworten, wie schnell eine Antwort erwartet wird.

Im Durchschnitt waren die Empfänger der Meinung, dass sie um 36 % schneller antworten müssten, als der Absender erwartet hätte.

Da die Mails außerhalb der Arbeitszeit geschrieben wurden, stieg das Stressniveau der Empfänger, was in der subjektiven Meinung zu einer geringeren Lebensqualität führte.

Der späte Vogel ist also der Idiot?

Besagt die Studie also tatsächlich, dass der Sender von späten E-Mails unkollegial ist? Eher nicht.

Tatsächlich weist sie vielmehr darauf hin, dass die Perspektive der Empfänger gewissermaßen hausgemachte Probleme birgt. Ein Grund dafür liegt in der modernen Kommunikation. Durch Messenger wie WhatsApp, Instagram und Co. erwarten wir heutzutage von unseren Gesprächspartnern eine sofortige Reaktion, sobald die Nachrichten zugestellt wurden. Um den Druck noch weiter zu verstärken, zeigen uns die Messenger-Dienste eben nicht nur an, wann die Nachrichten zugestellt, sondern auch explizit, wann sie gelesen wurden.

Dass man dieses Verhalten nicht per Knopfdruck abschalten kann, liegt wohl auf der Hand.

Ein weiterer Grund dafür, dass Empfänger glauben, schnellstmöglich antworten zu müssen, liegt in ihrem eigenen Engagement. Sie sind der Ansicht, dass eine verzögerte Antwort wenig Einsatz zeigt und sich negativ auf ihre Karrierechancen und Gehaltsverhandlungen auswirken könnte, obwohl dies nachweislich nicht der Fall ist.

Perspektivwechsel

Offensichtlich ist es also nicht die Absicht des Senders, digitalen Stress zu verursachen. Es ist vielmehr das Verhalten des Empfängers, das diesen Stress auslöst.

In einer Zeit, in der Work-Life-Balance und Freizeit als vorrangig angesehen werden, neigt man dazu, die Gefühle des Empfängers als ungeschriebenes Gesetz zu betrachten. Es ist praktisch tabu, E-Mails nach Feierabend zu versenden.

Aber wieso ist das eigentlich so?

Wer hat entschieden, dass beruflicher Eifer und der Wunsch, das Unternehmen voranzubringen, nicht mehr im Vordergrund stehen, sondern vielmehr Werte, die im persönlichen Bereich liegen?

Warum nicht eine neue Perspektive einnehmen und denjenigen, die gerne viel arbeiten, zugestehen, dies auch zu tun? Immerhin zeigen Studien, dass sie nicht erwarten, dass ihre Kollegen sofort antworten.

Solange das Verhalten der „Arbeitswütigen“ in einem gesunden Rahmen bleibt, sind diese Personen oft entscheidende Motoren für Fortschritt und Wachstum in Unternehmen.

Wann das Verhalten ungesund wird, erfahren Sie hier: Workaholics – Fluch oder Segen?

Die Mischung macht’s

Natürlich ist es wichtig, Themen wie Freizeit, Privatleben und Work-Life-Balance ernst zu nehmen. Die psychische Gesundheit eines jeden Einzelnen hängt eng mit diesen Themen zusammen, und die Zahl der Krankheitstage aufgrund dieser Probleme steigt stetig.

Es ist jedoch auch wichtig zu erkennen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die freiwillig bereit sind, auch außerhalb ihrer regulären Arbeitszeit zu arbeiten, etwas Positives sind.

Daher sollte man diese Angestellten nicht kleinhalten, aber man sollte dennoch darauf achten, dass die richtige Kommunikation bei späten Mails wichtig ist.

Das Wall Street Journal beispielsweise empfiehlt der späten Nachricht eine Art „Haftungsausschluss“ hinzuzufügen und gibt auch direkt Beispiele, wie diese aussehen können:

„Obwohl ich diese E-Mail außerhalb unserer üblichen Arbeitszeiten sende, was für meinen eigenen Arbeitsrhythmus am besten passt, bitte ich nicht um eine Antwort außerhalb deiner regulären Arbeitszeiten.“

Oder etwas kürzer:

„Bitte beachte, dass diese Nachricht außerhalb der üblichen Bürozeiten zugestellt werden könnte. Ich erwarte jedoch nicht, dass du außerhalb deiner Bürozeiten antwortest.“

Nicht noch einen Zusatz

Natürlich sind zusätzliche schriftliche Anmerkungen nicht für jeden ideal. Sie werden oft vergessen, und manche E-Mails sind ohnehin schon lang genug, sodass man keine Lust hat, noch mehr Zeilen zu schreiben.

Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denen das Schreiben von zusätzlichen Anmerkungen nicht liegt, gibt es Alternativen: Sie können mit der IT sprechen. Viele E-Mail-Anbieter ermöglichen es, E-Mails zu terminieren. Auf diese Weise umgehen sie das Problem, andere Angestellte außerhalb der üblichen Arbeitszeiten zu „belästigen“.

Ist diese Möglichkeit aus technischen Gründen nicht machbar, sollte der Arbeitsrhythmus beim nächsten Teammeeting offen angesprochen werden. Dabei ist es wichtig zu betonen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter außerhalb der Bürozeiten nicht dazu verpflichtet sind, E-Mails zu beantworten. Sollte etwas wirklich Dringendes anstehen, werden sie per WhatsApp oder Anruf kontaktiert.

In größeren Unternehmen ist es wahrscheinlich, dass sich früher oder später der HR-Bereich mit dieser Thematik auseinandersetzen muss. Ein Beispiel hierfür ist VW, das eine strikte E-Mail-Sperre für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter außerhalb der gängigen Bürozeiten implementiert hat.

Verbote sollten allerdings nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Dadurch werden motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestraft und es ist zusätzlich übergriffig, da flexible Arbeitszeiten in diesem Fall nicht wirklich flexibel sind.

Fazit

Ehrgeiz, Engagement und zusätzliche Arbeitsbereitschaft sind keineswegs negativ. Oftmals zeigen sie, dass sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit dem Unternehmen identifizieren und Freude an ihrer Arbeit haben.

Solange diese Eigenschaften keine ungesunden Ausmaße annehmen, sollten Arbeitgeber ihre Angestellten unterstützen und ihnen keine Steine in den Weg legen.

Natürlich ist es wichtig, dass berufliche Aktivitäten außerhalb der regulären Arbeitszeiten im Team besprochen werden. Doch hart arbeitende Mitarbeiter sind ein Segen und verdienen Anerkennung.

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