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Gewerkschaften und ihre Werbung in Zeiten des Homeoffices
Das digitale Zutrittsrecht für Gewerkschaften ist noch nicht in Kraft

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Gewerkschaften wie Ver.di und IG Metall sind in letzter Zeit in aller Munde. Ein Beispiel ist der Bahnstreik, initiiert von Ver.di, oder der Wille zur Einführung der 4-Tage-Woche via Tarifvertrag durch IG Metall. Mal zum Leid von Reisenden, aber häufig zum Wohl von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Weniger bekannt ist jedoch, dass Gewerkschaften vor Herausforderungen stehen, die sich aus Veränderungen in Unternehmen ergeben. Das Homeoffice beispielsweise hat für Gewerkschaften weitreichendere Veränderungen, als man denkt.

Das Zutrittsrecht – angekündigt, aber nicht umgesetzt

Eigentlich ist das Zutrittsrecht für Gewerkschaften sehr klar definiert. So heißt es in § 2 des Betriebsverfassungsgesetzes dazu: „Zur Wahrnehmung der in diesem Gesetz genannten Aufgaben und Befugnisse der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften ist deren Beauftragen nach Unterrichtung des Arbeitgebers oder eines Vertreters Zugang zum Betrieb zu gewähren[…].“ Ausgeschlossen ist dieses Zutrittsrecht nur, wenn der Besuch den Betriebsablauf oder Sicherheitsvorkehrungen stört.

Dieses Recht gilt allerdings nur zur Ausübung gewerkschaftlicher Tätigkeiten. Werbung und Akquise neuer Mitglieder entfällt nicht auf den Paragrafen. Dieses Recht wurde Gewerkschaften in Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes zugeschrieben. Im Urteil  Az. 2 BvR 54/62 vom Bundesverfassungsgericht aus dem Jahr 1965 wird die gewerkschaftliche Werbung in der Dienststelle während der Dienstzeit geschützt.

Diese Rechtsprechung gilt allerdings nur für die analoge Welt. Für den digitalen Zutritt hat die Ampel-Regierung im Zuge des Koalitionsvertrags zwar angekündigt, rechtliche Sicherheiten zu gewähren, geschehen ist allerdings noch nichts. (Stand: 05.03.2024)

Die E-Mail als Alleskönner?

Solange der Trend anhält, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vermehrt aus dem Homeoffice arbeiten, haben Gewerkschaften nicht mehr denselben direkten Zugang zu Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wie früher. Besonders in bestimmten Branchen erreichen Gewerkschaften sogar den Großteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht mehr vor Ort im Unternehmen. Für die Anwerbung neuer stellt diese Tatsache eine große Herausforderung dar. Daher pochen Gewerkschaften darauf, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch digital erreichen zu können.

Obwohl es rechtliche Auseinandersetzungen zu diesem Thema gibt, tritt die Rechtsprechung nur selten in Erscheinung. Ein Beispiel hierfür ist ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2009. Es besagt, dass Arbeitgeber den Gewerkschaften dienstliche E-Mail-Adressen zur Verfügung stellen müssen, jedoch nur für Mitglieder der Gewerkschaften. Die Akquise neuer Mitglieder ist damit nur wenig geholfen.

Das Arbeitsgericht Hamburg bestätigte das Urteil von 2009 insofern, dass Arbeitgeber Mails zum Zwecke des Informationsaustauschs zulassen müssen. Eine Ausweitung auf alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter blieb aber offen.

Die E-Mail ist daher ein gern gesehenes Werkzeug zur Koordinierung von Streiks beispielsweise, aber wird (noch) nicht ausreichend unterstützt, um auch als probates Werbemittel zu agieren.

Das Intranet

Um alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Unternehmens zu erreichen, bedarf es einer alternativen Lösung – das Intranet. Allerdings stoßen Gewerkschaften hier ebenfalls auf Probleme, da Unternehmen aus Sicherheitsgründen den Zugang beschränken können. Der Zugriff von externen Quellen birgt das Risiko von Hackerangriffen, weswegen Unternehmen ernsthafte Sicherheitsbedenken anmelden können. Daher sind Arbeitgeber nicht verpflichtet, den Gewerkschaften Zugang zu gewähren. Dies wurde auch vom Arbeitsgericht Hamburg in einem Urteil aus dem Jahr 2022 bestätigt.

Der Betriebsrat hingegen darf Informationen zu Veranstaltungen, bevorstehenden Streiks oder ähnlichen Themen im Intranet teilen, auch ohne das Einverständnis des Arbeitgebers. Dieser Vorgang entspricht dem physischen Zutrittsrecht und ist daher im Grundgesetz verankert.

Hierbei liegt die Verantwortung für die Botschaft des Textes im Intranet jedoch beim Autor. Es ist daher seine Aufgabe, die Inhalte auf Richtigkeit und Datenschutz zu überprüfen.

Handlungsempfehlung für Arbeitgeber

Die aktuellen gesetzlichen Regelungen beschränken das Zutrittsrecht für Gewerkschaften auf die analoge Welt gemäß § 9 Art. 3 des Grundgesetzes. Die Kontaktaufnahme für Gewerkschaften gestaltet sich daher in der digitalen Welt nicht einfach.

In diesem Fall sind Kompromisse wichtig. Gewerkschaften und Arbeitgeber sollten gemeinsam an einer Lösung arbeiten. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Sozialpartnervereinbarung des Bundesarbeitgeberverbands der Chemie und der Gewerkschaft IGBCE. Durch diese Vereinbarung wurde ein digitales Zutrittsrecht für Gewerkschaften geschaffen. Dies ermöglicht es, ein betriebliches Informationssystem im Intranet zu etablieren. Die beteiligten Arbeitgeber haben ein digitales „Schwarzes Brett“ eingerichtet, über das Informationen und Links verbreitet werden können.

Dadurch werden die Einschränkungen bei der Vergabe von E-Mail-Adressen umgangen. Somit stehen die Informationen allen interessierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zur Verfügung.

Fazit

Für Arbeitgeber besteht eine Duldungspflicht für das Versenden von Informationsmaterial via E-Mail. Diese Duldungspflicht beschränkt sich nach momentanem Stand allerdings auf Mitglieder der Gewerkschaften. Darüber hinaus gibt es keine Handlungspflicht seitens der Unternehmen.

Natürlich können Gewerkschaften und Unternehmen auf einen Gesetzesvorschlag der Bundesregierung warten. Allerdings gibt es hierfür keinen Zeitplan. Eine zusätzliche Sozialpartnervereinbarung kann dem Abhilfe schaffen und für ein gutes Miteinander aller Parteien sorgen.

Hinweis:

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